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Künstler: The Mars Volta

Album: Amputechture

Erscheinungsjahr: 2006

Anspieltipp: Gesamtkunstwerk

Autor: Markus

Tatsächlich gibt es nicht wenige Musikjournalisten auf diesem unserem Planeten, die die beiden The Mars Volta Hauptprotagonisten namentlich Omar Rodriguez-Lopez und Cedrik Bixler-Zavala am liebsten in eine Zwangsjacke stecken oder wahlweise zum Teufel wünschen würden; ebenso existieren aber auch allerhand Schreiberlinge, die angesichts eines neuen Outputs der vielleicht umstrittensten Rockband der letzten Jahre, gewillt sind, vor Freude um die hauseigene Stereoanlage zu moshpittieren. The Mars Volta polarisieren, verstehen sich als Antithese zum immer berechenbarer werdenden Mainstream Rock und definieren die Grenzen des in den Siebziger Jahren seine Blütezeit erlebenden Genres immer wieder neu. Eine solche Band kann unmöglich jedem gefallen. Daher wird es auch wieder zahlreiche Leute geben, die die mittlerweile dritte Studioveröffentlichung des berühmt/berüchtigten Klangkollektivs als verkopften Müll, unergründbaren Stoff für Musikstudenten, bekifften Unsinn oder ähnliches diffamieren werden. Zugleich aber werden auch Personen auf der Matte stehen, die es sich nicht nehmen lassen werden, „Amputechture“ als weiteres Meisterwerk faszinierender progressiver Tonkunst abzufeiern. Die Fronten scheinen verhärtet und werden dies auch nach dem Release des hier zur Diskussion stehenden Longplayers bleiben. Schon das äußerst charakteristisch daherkommende Coverartwork wird Freunde wie Feinde finden. Nicht anders verhält es sich mit der auf besagter Langrille enthaltenen Musik.

The Mars Volta halten auch anno 2006 wenig von stilistischen Grenzen und kreieren nach wie vor äußerst eigenständige, mit zahllosen musikalischen Ideen angereicherte Kleinode, die während der ersten Hördurchläufe gewohnt sperrig anmuten, allerdings nicht ganz so verschachtelt ausgefallen sind, wie die wahnwitzigen Stücke auf dem vor gut eineinhalb Jahren erschienenen Vorgängeralbum „Frances the mute“. Diese Tatsache liegt vor allem darin begründet, dass Rodriguez-Lopez und Bixler-Zavala heuer auf ellenlange Geräuschkulissen und erstmals auch auf einen narrativen Begleitfaden verzichten. Folglich stehen die einzelnen Tracks auf „Amputechture“ nicht mehr vorwiegend im Dienst eines übergeordneten Konzepts, sondern dürfen als eigenständige Kunstwerke in Erscheinung treten. Diese neue Vorgehensweise erleichtert den Zugang zur Platte zwar ein wenig, entbindet den geneigten Zuhörer allerdings nicht von der Pflicht, sich einige Stunden mit der dargereichten Musikkunst befassen zu müssen. Obwohl sich die Band dieses mal etwas zugänglicher als in der jüngeren Vergangenheit gibt, ist „komplex“ nach wie vor das treffendste Adjektiv, mit welchem sich die insgesamt acht mit einer Spielzeit zwischen vier und sechzehn Minuten ausgestatteten Stücke beschreiben lassen.

Während der gespenstisch vor sich hinschleichende Opener „Vicarious atonement“ sich mittels todtrauriger Gesangslinien und harmonischem Gitarrenspiel noch größte Mühe gibt, den Hörer nicht bereits zu Beginn des Albums zu überfordern, zieht die Formation im darauf folgenden „Tetragrammaton“ bereits alle Register ihres Könnens und formt eine imposante sechzehn Minuten andauernde Mammutkomposition, welche in beeindruckender Manier alle bandtypischen Songelemente in sich vereint. Wahnwitzige Gitarrenläufe, verschachtelte Rhythmen, unfassbar variabel daherkommende Vocals und absonderliche elektronische Soundeffekte formen sich hier zu einem unwiderstehlichen Songmonster, welches es trotz seiner unfassbaren Komplexität zu jedem Zeitpunkt versteht, ordentlich das Haus zu rocken. Dem  knapp gehaltene und äußerst stringent angelegte „Vermicide“ kann noch am ehesten so etwas wie Radiotauglichkeit attestiert werden, ehe es The Mars Volta in „Meccamputechture“ erneut gelingt, eine spannende überlange Achterbahnfahrt der Emotionen zu inszenieren.  „Asilos Magdalena“ kommt zunächst wie ein stinknormaler Latino-Schmachtfetzen daher, steigert sich aber im Verlauf des Songs unaufhörlich und besticht durch eine ungeheuer dichte Atmosphäre und dämonische Klangeffekte. Bei „Viscera eyes“ lässt das Klangkollektiv zeitweise seine At the drive in-Wurzeln aufblitzen, bis die Komposition genau in der Mitte einen Bruch erleidet und sich in eine völlig gegensätzliche musikalische Richtung entwickelt. Äußerst jazzlastig und mutet das geniale „Day of the baphomets“ an, in welchem alle beteiligten Protagonisten beweisen dürfen, zu welch fabelhaften Musikern sie gereift sind. Das abschließende „El ciervo vulnerado“ hingegen greift die geisterhafte Atmosphäre des Openers auf, beendet das Album äußerst gediegen, wirkt aber auch auf Grund des abrupten Endes titelgemäß amputiert.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass „Amputechture“ eine weitere Großtat aus dem Hause The Mars Volta geworden ist, welche den beiden illustren Vorgängern in Sachen Eindringlichkeit, Ausdrucksstärke und musikalischer Virtuosität in nichts nachsteht, sich über die gesamte Albumdistanz einen eigenen Charakter bewahrt und in naher Zukunft als Meilenstein extravaganter Tonkunst gehandelt werden sollte. Personen die mit der Formation bis zum heutigen Tage nichts anfangen konnten oder nur selten mit hochprogressiver Musik in Kontakt treten, werden diesem Urteil allerdings kaum zustimmen.

 

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